professionell...unabhängig...engagiert
Johann Simon Genten, Aachen
6. Dezember 2013

Koalitionsvertrag: Was kommt ?

Zum Koaltionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU wird viel geschrieben. Nicht immer ist der Informationswert der Nachrichten wirklich hoch. Z.T. wird auch falsch informiert. Hier eine Passage aus dem Vertrag zu Vorhaben im Hinblick auf die Altersrente:
  • "Deshalb werden wir die bereits vorhandene Vertrauensschutzregelung zur Anhebung der Regelaltersgrenze erweitern: Langjährig Versicherte, die durch 45 Beitragsjahre (einschließlich Zeiten der Arbeitslosigkeit) ihren Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung erbracht haben, können ab dem 1. Juli 2014 mit dem vollendeten 63. Lebensjahr abschlagsfrei in Rente gehen. Das Zugangsalter, mit dem der abschlagsfreie Rentenzugang möglich ist, wird schrittweise parallel zur Anhebung des allgemeinen Renteneintrittsalters auf das vollendete 65. Lebensjahr angehoben."
Wie können wir das werten, wenn wir es professionell betrachten ?
1. Offenbar soll die bereits bestehende Altersrente für besonders langjährig Versicherte auf das 63. Lebensjahr abschlagsfrei vorgezogen werden (Bisher erst ab 65. möglich). Allerdings abweichend von vielen Darstellungen in der Öffentlich offenbar nur vorübergehend
2. Es werden (scheinbar) nicht mehr 45 Pflichtbeitragsjahre, sondern nur noch Beitragsjahre (z.B. freiwillige Beiträge) gefordert. Abzuwarten bleibt, ob das so auch umgesetzt wird. Die meisten werden hiervon aber nicht profitieren können (z.B. Akademiker, Langszeitarbeitslose etc.).
3. Als Beitragsjahre sollen auch Zeiten der Arbeitslosigkeit gewertet werden. Allerdings kann das, abweichend etwa von Äußerungen von Herrn Gabriel nur für Zeiten gelten, in denen tatsächlich Beiträge gezahlt worden sind! Sehr oft werden und wurden aber für derartige Zeiten keine Beiträge gezahlt.

Geplant: Die solidarische Lebensleistungsrente
Die alte Koalition hatte eine "Lebensleistungsrente" geplant. Aus meiner SIcht eine fragwürdige Bezeichnung für die Neuregelungen. Nunmehr hat man noch einen draufgesetzt und nennt sie die "solidarische Lebensleistungsrente" . Die Genossen lassen grüßen! Was ist geplant:
  • "Wir werden daher eine solidarische Lebensleistungsrente einführen. Die Einführung wird voraussichtlich bis 2017 erfolgen. Grundsatz dabei ist: Wer langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, Beiträge gezahlt hat (40 Jahre) und dennoch im Alter weniger als 30 Rentenentgeltpunkte Alterseinkommen (Einkommensprüfung) erreicht, soll durch eine Aufwertung der erworbenen Rentenentgeltpunkte bessergestellt werden. Dies kommt vor allem Geringverdienern zugute und Menschen, die Angehörige gepflegt oder Kinder erzogen haben. Durch eine Übergangsregelung bis 2023 (in dieser Zeit reichen 35 Beitragsjahre) stellen wir sicher, dass insbesondere die Erwerbsbiografien der Menschen in den neuen Ländern berücksichtigt werden. In allen Fällen werden bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit wie Beitragsjahre behandelt. Danach soll zusätzliche Altersvorsorge als Zugangsvoraussetzung erforderlich sein. In einer zweiten Stufe sollen jene Menschen, die trotz dieser Aufwertung nicht auf eine Rente von 30 Entgeltpunkten kommen, jedoch bedürftig sind (Bedürftigkeitsprüfung), einen weiteren Zuschlag bis zu einer Gesamtsumme von 30 Entgeltpunkten erhalten."
Vorab: Diese Rente wird offenbar ausschließlich eine Altersrente sei. Erwerbsminderungsrenten werden hiervon nicht profitieren! Alles weitere bleibt abzuwarten. Die Koppelung an private Vorsorge halte ich für ein Unding ! Das ist ein Geschenk an die private Finanzwirtschaft !  Die Variante mit Bedürftigkeitsprüfung wird enormen bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Schon bisher gibt es ja die Grundsicherung! 

Verbesserungen bei der Erwerbsminderungrente
  • "Wer nichts mehr an seiner Erwerbssituation ändern kann, ist in besonderem Maße auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft angewiesen. Deswegen wollen wir Rentenansprüche von Erwerbsgeminderten spürbar verbessern. Ziel ist es, diejenigen besser abzusichern, die auf diese Leistung angewiesen sind, ohne damit neue Fehlanreize für nicht zwingend notwendige Frühverrentungen zu schaffen. Wir werden die Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente zum 1. Juli 2014 um zwei Jahre anheben (von 60 auf 62). Für die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderungsrente erfolgt eine Günstigerprüfung."
Zurechnungszeit ist die Zeit, die einer Erwerbsminderungsrente ab Eintritt der Erwerbsminderung hinzugerechnet wird. Sie wurde bisher bis zum 60. Lebensjahr gerechnet und soll auf das 62. Lj. heraufgesetzt werden. Diese Zeit bekommt einen Durchschnittswert aus dem Versichertenleben vor Eintritt der Erwerbsminderung, der mittel eines komplizierten Formel ermittelt wird. Profitieren werden hiervon also primär eher die Besserverdienden, weil bei diesen Personen der Wert höher ist! Von "spürbarer" Verbesserung werden viele überhaupt nichts merken ! Ich halte die Regelungen angesichts dramtisch sinkender Erwerbsminderungsrenten für völlig unzulänglich
Als Rentenberater sind wir in der alltäglichen Beratung besonders gefordert. Die Neuregelungen/Planungen  werden wir sorgfältig beobachten und insbesondere darauf achten, dass wir im Interesse unserer Mandanten auf Stichtage achten. Denn bisher war es in der Regel so, dass von Neuregelungen nur Neurentner profitieren können !