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Johann Simon Genten, Aachen
24. Januar 2018

Wegeunfall bei Glatteis: Absurdes Urteil des Bundessozialgerichtes

Auf dem Weg zur Arbeit (Schule/Hochschule etc.) sind Sie als Arbeitnehmer oder anderweitig versicherte Person nach dem SGB VII versichert. Geschieht ein Unfall, dann muss die zuständige Berufsgenossenschaft Leistungen erbringen. Immer wieder gibt es Treit um die Frage, was zum Weg zur Arbeit gehört und was nicht.
Ein aus meiner Sicht absurdes Urteil hat nun der 2. Senat des höchsten Sozialgerichtes, des Bundessozialgerichtes gesprochen: Prüft ein Arbeitnehmer, bevor er mit dem Auto zur Arbeit fährt, ob die Fahrbahn glatt ist und verletzt sich auf dem Rückweg zu seinem Auto, liegt darin kein versicherter Arbeitsunfall. Dies hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts entschieden (Az.: B 2 U 3/16 R).
Was war passiert ? In dem zu entscheidenden Fall wollte der Kläger morgens mit seinem Auto zur Arbeitsstelle fahren. Nachdem er das Wohnhaus verlassen hatte, legte er zunächst seine Arbeitstasche in das auf dem Grundstück parkende Auto. Danach verließ er das Grundstück zu Fuß und ging wenige Meter auf die öffentliche Straße, um dort die Fahrbahnverhältnisse zu prüfen. Auf dem Rückweg zu seinem Auto stürzte er an der Bordsteinkante und verletzte sich am rechten Arm. Hintergrund der Prüfung war eine Meldung des Deutschen Wetterdienstes, wonach in der Nacht mit überfrierender Nässe oder leichtem Schneefall zu rechnen sei.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der unmittelbare und damit versicherte Weg zur Arbeitsstätte bereits in dem Zeitpunkt unterbrochen war, in dem der Kläger die Straße betreten hatte. Wörtlich heißt es in einer Presserklärung: "Bei der Prüfung der Fahrbahnverhältnisse handelt es deshalb nur um eine Vorbereitungshandlung zum versicherten Arbeitsweg. Vorbereitungshandlungen sind nach ständiger Rechtsprechung jedoch nur versichert, wenn entweder eine rechtliche Pflicht besteht, eine solche Handlung vorzunehmen, oder wenn die Handlung zur Beseitigung eines unvorhergesehenen Hindernisses erforderlich ist, um den Arbeitsweg aufzunehmen oder fortzusetzen. Keine der Alternativen war hier erfüllt. Auch wenn der Kläger die Prüfung als sinnvoll oder erforderlich angesehen habe, sei diese weder durch die Straßenverkehrsordnung geboten noch für den Antritt der Fahrt unverzichtbar gewesen."
Man mag es nicht glauben......
Haben die Richter sich die Straßenverkehrsordnung wirklich angeschaut ?
Grundregeln § 1 StVO Straßenverkehr Verkehrsteilnehmer
(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Gehört zu einer derartigen Grundregel nicht auch die Pflicht, sich vom Straßenzustand vor Fahrtantritt zu überzeugen ?
Bei der Fahrschulprügung wäre das Gereicht wohl durchgefallen. Nachhilfe können die Richter sich holen bei einem humoristischen Highlight mit Jürgen von Manger der auch den § 1 analysiert:https://www.youtube.com/watch?v=xEDpuDTMrQI